Informations- und Kommunikationstechnik

Passive RC- und RL-Tiefpässe

Im Gegensatz zum ohmschen Widerstands R sind die Blindwiderstände eines Kondensators (Kapazität) XC oder einer Spule (Induktivität) XL immer von der Frequenz der angelegten Spannung abhängig. Dieses Kapitel beschreibt das Verhalten passiver RC- und RL-Reihenschaltungen an sinusförmiger Spannung. Es handelt sich um frequenzabhängige Spannungsteiler. Entsprechende aktive Schaltungen sind an anderer Stelle als Integrierverstärker beschrieben. Beide Schaltungen haben mit dem kapazitiven oder induktiven Widerstand ein unabhängiges Speicherglied und werden als passive Filter 1. Ordnung bezeichnet.

Im niedrigen Frequenzbereich unterhalb 1 MHz können die meisten Bauformen ohmscher Widerstände (Wirkwiderstände R) als von der Frequenz unabhängig angenommen werden. Mit zunehmender Frequenz nimmt der Wert eines kapazitiven Blindwiderstands ab er beim induktiven Blindwiderstand größer wird. Am RC-Spannungsteiler ist daher die Spannung parallel zum Kondensator bei tiefen Frequenzen groß und bei hohen Frequenzen klein. An einer RL-Reihenschaltung wird der gleiche Effekt erzielt, wenn die Ausgangsspannung parallel zum Wirkwiderstand gemessen wird. Für die folgenden Betrachtungen ist die Amplitude der Eingangsspannung für alle Frequenzen konstant.

Tiefpässe

In der Elektronik werden Baugruppen entsprechend ihrer Funktion oft als Blocksymbole dargestellt. Die Darstellungsform, allgemein als Vierpol bezeichnet, ist für diese Schaltungen ein Zweitor, da die Ströme an den Eingangs- und Ausgangsklemmen gleich sind. Links ist das Eingangstor mit zwei Eingangspolen, rechts sind die zwei Pole des Ausgangstors. Liegen die unteren Pole auf einem gemeinsamen Potenzial, dem Massebezug der Schaltung, so können sie als ein Bezugspol dargestellt werden. Die eingetragenen Buchstaben oder Symbole kennzeichnen die Eigenschaften des Vierpols.

Die Grenzfrequenz

Im Zeigerdiagramm ist der Phasenwinkel zwischen der Realkomponente, die dem Wirkwiderstand R und der Blindkomponente für XC oder XL immer 90°. Die Eingangsspannung liegt an beiden Widerständen, der Impedanz an. Der Strom ist in der Reihenschaltung für alle Bauteile gleich und die Bezugsgröße. Der Stromzeiger wird in die horizontale Richtung der Realwert-Achse gelegt. Am ohmschen Widerstand ist zwischen Strom und Spannung kein Phasenwinkel messbar. Der Zeiger für die Spannung UR liegt horizontal. Am ideal angenommenen Blindwiderstand ist für XC ein Phasenwinkel von 90° messbar, wobei die Spannung dem Strom nacheilt. Dieser Zeiger zeigt senkrecht nach unten. Am ideal angenommenen Blindwiderstand XL eilt die Spannung dem Strom um 90° voraus. Dieser Zeiger weist senkrecht nach oben.

Mathematische Herleitungen

Die Zeiger für den Real- und Blindwert bilden die Katheten eines rechtwinkligen Dreiecks. Die geometrische Addition der Spannungszeiger ist die Hypotenuse deren Länge der Eingangsspannung entspricht. Da nur der Blindwiderstand von der Frequenz abhängig ist, werden bei nur einer bestimmten Frequenz beide Teilspannungen den gleichen Wert und die gleiche Zeigerlänge haben. Wird für diese Länge der Wert 1 gesetzt, also normiert, dann hat die Länge der Hypotenuse bei geometrischer Addition der Teilwerte den Wert √2. Der Länge des Summenzeigers entspricht der Eingangsspannung oder im Zeigerdiagramm der Widerstände dem Gesamtwiderstand, der Impedanz Z.

Wird auf die Eingangsgröße und damit auf den Summenzeiger normiert, so hat er den Wert 1 und die beiden Teilzeiger müssen durch √2 dividiert werden. Die Zeigerlängen der Realkomponente und der Blindkomponente haben dann den Wert 0,707. Nur für diese eine Frequenz teilt der Summenzeiger den rechten Winkel zu je 45°. Für die gleichen Spannungs- oder Widerstandswerte einer RC- oder RL-Reihenschaltung und dem Absolutwert des Phasenwinkel φ = 45° ist die Grenzfrequenz definiert. Beim Tiefpass wird der Frequenzbereich unterhalb der Grenzfrequenz als Durchlass- und darüber als Sperrbereich bezeichnet. Für sinusförmige Eingangsspannungen kann mit der Übertragungsfunktion, dem Verhältnis der Ausgangsspannung bezogen auf die Eingangsspannung, das von der Frequenz abhängige Verhalten der Schaltung beurteilt werden.

Herleitungen der Übertragungsfunktionen

Übertragungsfunktion für einen RC-Tiefpass

Die Eingangsspannung Ue liegt an der Impedanz Z der Reihenschaltung, die gleich der geometrischen Addition beider Teilwiderstände ist. Die Ausgangsspannung Ua wird beim RC-Tiefpass parallel zum Blindwiderstand Xc abgenommen. Das Spannungsverhältnis wird auf die Ausgangsspannung normiert, sodass ihr Maximalwert nicht größer als 1 werden kann. Die Normierung vereinfacht den Vergleich unterschiedlich dimensionierter Schaltungen. Die Übertragungsfunktion leitet sich mit wenigen Umformungen aus dem Spannungsverhältnis her.

Übertragungsfunktion zum RC-TP

Übertragungsfunktion mit komplexer Wechselstromrechnung

Oft sind die Berechnungen mithilfe der komplexen Wechselstromrechnung einfacher und übersichtlicher und in vielen Veröffentlichungen zu diesem Themenkreis zu finden. In diesem Webprojekt sind Beschreibungen zum komplexen Achsensystem und zur komplexen Rechnung ebenso wie die Zusammenhänge zwischen den Blindwiderständen und ihren Operatoren und Leitwerten im Bereich der Fachmathematik zu finden.

Die Übertragungsfunktion G(jω) oder G(s) wird auch als H(jω) oder H(s), geschrieben und mit den Operatoren aufgestellt. Die komplexen Größen sind mit einem Unterstrich gekennzeichnet. Die Normierung auf die Ausgangsspannung bleibt, sodass im Zähler der Wert 1 steht. In Veröffentlichungen gibt es unterschiedliche Vereinfachungen. Anstelle von RC wird die Zeitkonstante τ = R·C eingesetzt oder der Faktor j·ω wird durch s = j·ω ersetzt. Sehr oft wird auf die Grenzfrequenz normiert, sodass die Frequenzachse jetzt Werte für Ω = f / fg den Bereich 0 ... ∞ durchläuft und bei Grenzfrequenz fg den Wert Ω = 1 hat. Es folgt die Herleitung für einen RC-Tiefpass.

komplexe Übertragungsfunktion des RC-TP

Für Ω = 0 hat die Amplitude ihren Maximalwert 1 und der Phasenwinkel beträgt φ = 0°. Bei der Grenzfrequenz mit Ω = 1 hat die Ausgangsamplitude den Wert 0,707 der Eingangsamplitude oder −3 dB erreicht. Der Phasenwinkel zwischen Ausgangs- und Eingangssignal beträgt φ = -45°. Für sehr hohe Frequenzen streben Ω gegen unendlich, die Übertragungsfunktion gegen null und der Phasenwinkel gegen −90°. Das sind die charakteristischen Eckwerte einer RC-Tiefpassschaltung, die sich schnell und einfach mithilfe der Übertragungsfunktion bestimmen lassen.

Übertragungsfunktion für einen RL-Tiefpass

Die Eingangsspannung liegt an der Gesamtimpedanz Z der Reihenschaltung aus R und L. Die Ausgangsspannung wird beim RL-Tiefpass parallel zum ohmschen Widerstand abgegriffen. Die nicht komplexe mathematische Herleitung der Übertragungsfunktion entspricht angepasst den Schritten wie beim RC-Tiefpass.

Übertragungsfunktion zum RL-TP

Zur Darstellung des Amplituden-Frequenzgangs wird anstelle des Spannungsverhältnisses oftmals das Pegelmaß verwendet. Weit oberhalb der Grenzfrequenz im Sperrbereich ist dann der Kurvenverlauf linear fallend. Das Dämpfungsmaß errechnet sich aus der Steigung. Der charakteristische Wert für einen passiven Tiefpass 1. Ordnung beträgt 6 dB pro Oktave, im Bereich der Frequenzverdoppelung. Im linearen Abschnitt der Dämpfung und dem Zehnfachen des Frequenzbereichs entspricht das dem Dämpfungsmaß 20 dB pro Dekade.

Bodediagramm mit Pegelmaß beim LR-TP

Beim RC-Tiefpass wird die Ausgangsspannung am Kondensator abgegriffen.
Beim RL-Tiefpass wird die Ausgangsspannung am Widerstand abgegriffen.
Eingangssignale mit tiefen Frequenzen durchlaufen die Schaltung fast ungehindert.
Mit steigender Eingangsfrequenz wird die Ausgangsamplitude stetig kleiner.
Bei der Grenzfrequenz fg gilt Ua = 0,707·Ue. Die Dämpfung beträgt 3 dB, die Verstärkung −3 dB.
Bei fg ist das Ausgangssignal um φ = −45° zum Eingangssignal phasenverschoben.
Bei f » fg beträgt die Dämpfung 6 dB/Oktave das entspricht 20 dB/Dekade.

Herleitung mit komplexer Wechselstromrechnung

Das Ausgangssignal wird am ohmschen Widerstand abgenommen und das Eingangssignal liegt an der Impedanz, der Reihenschaltung aus dem induktiven Blindwiderstand und dem Wirkwiderstand. Die Schritte der Herleitung sind vergleichbar zum RC-TP. Es wird auf das Ausgangssignal normiert, sodass der Zähler den Wert 1 hat. Es kann auf die Grenzfrequenz normiert werden, wodurch in den Diagrammen die Frequenzachse durch die dimensionslosen Werte für Ω geteilt wird.

komplexe Übertragungsfunktion des RL-TP

Die hergeleiteten Eigenschaften gelten einen unbelasteten Pass, wo praktisch weder der Innenwiderstand der Signalquelle noch der Eingangswiderstand einer Folgestufe berücksichtigt werden muss. In einer mehrstufigen Schaltung kann das durch vor- und nachgeschaltete Impedanzwandler erreicht werden. Sie werden zumeist als Pufferverstärker (engl. Buffer) bezeichnet. Ohne diese Entkopplung wird der Pass belastet, wobei die maximal erreichbare Ausgangsspannung geringer ist und die zuvor berechnete Grenzfrequenz einen anderen Wert annimmt. Auf der Seite zum belasteten RC-Pass werden diese Einflüsse mit mathematischen Herleitungen beschrieben.