Polynomdivision
In grafischen Darstellungen mathematischer Funktionen, meistens im rechtwinkligen Achsenkreuz, gibt es charakteristische Punkte. Der Schnitt- oder Berührpunkt mit der x-Achse wird allgemein als Nullstelle bezeichnet, wobei der Berührpunkt eine doppelte Nullstelle ist. Für Übertragungsfunktionen der Elektrotechnik, wo mathematische Beziehungen das Verhalten von Ein- und Ausgangssignalen dynamischer Systeme beschreiben, ist neben Nullstellen auch von Polen die Rede. Wie zeigen sie sich in der grafischen Funktionsdarstellung und wie lassen sich Nullstellen und Pole bestimmen, ohne die Funktion per Wertetabelle gleich zeichnen zu müssen? Die Bestimmung der Nullstellen kann mit der Polynomdivision erfolgen.
Nullstellen
Eine mathematische Funktion f(x) hat dort eine Nullstelle, wenn der Wert der Variablen x in die Funktion eingesetzt den Funktionswert null ergibt. Beschränken wir uns zuerst auf einfachere Funktionen, wo die Funktionsvariable x nicht im Nenner vorkommt. Wie viele Nullstellen eine gegebene Funktion hat, ist von der Funktion abhängig.
Eine Gerade oder Polynomfunktion 1. Ordnung hat eine einfache Nullstelle mit dem Vielfachen von 1, auch als Nullstelle 1. Ordnung bezeichnet. Zum Beispiel hat die Funktion f(x) = 3·x − 6 ihre einzige Nullstelle bei xo = 2. Die grafische Darstellung schneidet in diesem Punkt die x-Achse und die Funktionswerte wechseln das Vorzeichen.
Die Polynomfunktion 2. Ordnung oder quadratische Funktion f(x) = x² − 6x + 9 = (x−3)² kann zur Bestimmung der Nullstellen in ihre Faktoren verlegt werden: f(x) = (x−3)(x−3). Jeder Faktor ergibt mit xo = 3 eine Nullstelle. Es handelt sich um eine zweifache Nullstelle, eine Nullstelle 2. Ordnung oder dem Vielfachen von 2. In der grafischen Darstellung berührt die Kurve an dieser Stelle die x-Achse und für die Funktionswerte gibt es keinen Vorzeichenwechsel.
Die einfache Polynomfunktion 3. Ordnung f(x) = x³ hat an der Stelle xo = 0 eine dreifache Nullstelle, eine Nullstelle 3. Ordnung oder dem Vielfachen von 3. Der Funktionsgraph schneidet die x-Achse und für die Funktionswerte ergibt sich ein Vorzeichenwechsel.
Mithilfe der mathematischen Kurvendiskussion werden die charakteristischen Punkte eines Funktionsgraphen exakt bestimmt. Zu ihnen gehören auch die Nullstellen. Die Stammfunktion hat eine mehrfache Nullstelle, wenn mindestens eine Ableitfunktion an der gleichen Stelle eine Nullstelle hat. Auf das letzte Beispiel bezogen hat f(x) = x³ die Ableitfunktionen f'(x) = 3x², f''(x) = 6x und f'''(x) = 6. Da die Stammfunktion und ihre ersten beiden Ableitungen an der Stelle xo = 0 Nullstellen haben, handelt es sich für die Stammfunktion um eine Nullstelle 3. Ordnung, dem Vielfachen von3.
Bei Nullstellen mit ungeraden Vielfachen schneidet der Funktionsgraph die x-Achse und die Funktionswerte wechseln das Vorzeichen.
Bei Nullstellen mit geraden Vielfachen berührt der Funktionsgraph die x-Achse und die Funktionswerte wechseln das Vorzeichen nicht.
Definitionslücke
Bei gebrochen rationalen Funktionen steht die Variable x im Ausdruck des Zählers und Nenners. Wird der Wert des Nenners null, dann ist der Funktionswert nicht mehr definiert, denn er strebt gegen unendlich. Die Funktion hat an dieser Stelle eine Definitionslücke, für die es zwei Möglichkeiten gibt. Die Funktion hat eine hebbare Definitionslücke oder es handelt sich um eine Polstelle und der Graph nähert sich einer senkrechten Asymptoten an, die durch diese x-Koordinate verläuft.
Hebbare Definitionslücke
Gibt es im Ausdruck des Zählers und Nenners einer gebrochen rationalen Funktion eine gemeinsame Nullstelle, werden beide Ausdrücke in Linearfaktoren zerlegt und anschließend gekürzt. Bleiben einzelne Nullstellen nur im Nenner bestehen, dann handelt es sich um Polstellen. Dazu das einfache Beispiel einer gebrochen rationalen Funktion f(x) = (x−1) / (x−1)². Für den Zähler und Nenner gibt es mit xo = 1 gleiche Nullstellen. Ob es sich um eine hebbare Definitionslücke handelt, prüft man durch Faktorisieren des Nenners. Man erhält f(x) = (x−1) / (x−1)(x−1) und kann kürzen. Es bleibt die Funktion f(x) = 1 / (x−1) mit einer Nullstelle bei xo = 1 im Nenner, die somit Polstelle ist.
Polstellen
Liegt eine gebrochen rationale Funktion in faktorisierter Form vor, dann ist die Polstelle eine Nullstelle im Ausdruck des Nenners, die nicht gleichzeitig Nullstelle im Zähler ist. Zum Beispiel wird in der gebrochen rationalen Funktion f(x) = (x²−4) / (x+5) der Wert des Zählers für x1 = 2 und x2 = −2 null und somit der Funktionswert zu null. Die Funktion mit Linearfaktoren (faktorisiert) geschrieben kann nicht gekürzt werden. f(x) = (x+2)(x−2) / (x+5). Der Nenner hat für x3 = −5 den Wert null. Die Funktion hat dort eine Definitionslücke, die als Polstelle, Pol oder Unendlichkeitsstelle bezeichnet wird. Der Funktionsgraph nähert sich einer senkrechten Asymptote an, die durch diese Stelle parallel zur y-Achse verläuft.
Wie bei den Nullstellen ordnet man auch den Polstellen eine Ordnungszahl oder Vielfache zu. Die einfache Hyperbelfunktion hat bei xo = 0 eine Nullstelle, die einer Polstelle 1. Ordnung entspricht. Die Funktion f(x) = 1 / (x+1)² hat bei xo = −1 eine doppelte Nullstelle als Polstelle 2. Ordnung.
Bei Polstellen ungerader Ordnung wechseln Funktionswerte beim Überschreiten der Polstelle das Vorzeichen.
Bei Polstellen gerader Ordnung wechseln die Funktionswerte beim Überschreiten der Polstelle das Vorzeichen nicht.
Asymptoten
Nähert sich der Graph einer Funktion weit entfernt vom Koordinatenursprung immer mehr einer anderen Funktion, so wird diese als Asymptote bezeichnet. Der Funktionsgraph kann zwischenzeitlich auch um die Asymptote schwingen und am Ende mit ihr gemeinsam verlaufen. Man untersucht das Verhalten der Funktion im Unendlichen und kann zwischen vier Arten der Asymptoten unterscheiden. Für gebrochen rationale Funktionen vergleicht man dazu die Potenzen des Zählers und Nenners und spricht vom Zähler- und Nennergrad.
- Waagerechte Asymptote
- Der Zählergrad ist kleiner als der Nennergrad. Die Asymptote verläuft parallel zur x-Achse mit dem Schnittpunkt y = 0.
Der Zählergrad ist gleich dem Nennergrad. Die Asymptote verläuft ebenfalls parallel zur x-Achse. Dividiert man den Koeffizienten der höchsten Potenz des Zählers durch den Koeffizienten der höchsten Potenz des Nenners, so erhält man den Schnittpunkt der Asymptote mit der y-Achse. - Senkrechte Asymptote
- Sie zeigt die Unendlichkeitsstelle der Funktion und verläuft als Gerade parallel zur y-Achse durch eine Polstelle. Man erhält sie als Nullstelle des Nenners nach dem Zerlegen der gebrochen rationalen Funktion in Linearfaktoren und dem möglichen Kürzen des Bruchs.
- Schiefe Asymptote
- Der Zählergrad ist gleich dem Nennergrad + 1. Die schiefe Asymptote wird durch eine allgemeine Geradengleichung beschrieben, an die sich der Funktionsgraph im Unendlichen nähert. Die Geradengleichung erhält man mithilfe der Polynomdivision und einer Grenzwertbetrachtung.
- Asymptotische Kurve
- Der Zählergrad ist größer als der Nennergrad + 1. An eine kurvenförmige Asymptote nähert sich die gebrochen rationale Funktion weit entfernt vom Koordinatenursprung an. Die Gleichung der Asymptote wird mithilfe der Polynomdivision und einer Grenzwertbetrachtung ermittelt.
Die Grafik zeigt zwei Beispiele für waagerechte Asymptoten. Links sind Zähler- und Nennergrad gleich und die Asymptote verläuft durch y = 4. Für den Zähler lassen sich zwei Nullstellen bei x1 = -0,5 und x2 = 0,5 bestimmen. Für den Nenner gibt es im Reellen keine Nullstellen. Rechts ist der Zählergrad kleiner als der Nennergrad und die waagerechte Asymptote verläuft bei y = 0 und ist gleich der x-Achse. Aus dem Zähler ergibt sich die Nullstelle im Koordinatenursprung während der Nenner keine reellen Nullstellen hat.
Im Abschnitt zu den Polstellen sind zwei Beispiele zur senkrechten Asymptote. Die Hyperbelfunktion hat eine Polstelle, durch die eine senkrechte Asymptote gezeichnet werden kann, an die sich der Kurvenverlauf immer weiter annähert. Sie hat auch eine waagerechte Asymptote, da ihr Zählergrad kleiner als der Nennergrad ist. Im rechten Funktionsgraphen gibt es an der Polstelle xo3 = −5 eine senkrechte Asymptote.
Da für die dargestellte Funktion der Zählergrad gleich dem Nennergrad + 1 ist, gibt es eine schiefe Asymptote. Um ihren Verlauf zu ermitteln, wird der Zähler durch den Nenner dividiert. Bei der Division bleibt ein Restausdruck, der für sehr große x-Werte gegen null strebt. Das Divisionsergebnis ohne diesen Rest ist die Funktionsgleichung der schief liegenden Asymptote. Für den Restausdruck kann im Nenner eine Nullstelle bestimmt werden, die nicht Nullstelle der Funktion ist. Es handelt sich um eine Polstelle bei x3 = −2, durch die eine senkrechte Asymptote verläuft.
Das folgende Bild zeigt den Graphen einer gebrochen rationalen Funktion mit einem Zählergrad größer als der Nennergrad + 1. Die Kurvenäste nähern sich einer parabolischen Asymptote an. Ihre Funktionsgleichung wird mithilfe der Polynomdivision ermittelt, bei der ein Rest bleibt. Für sehr große x-Werte strebt dieser Ausdruck gegen null. Der Nenner hat in dieser Funktion eine Nullstelle, die nicht identisch mit der Nullstelle des Zählers ist. Es handelt sich um einen Pol bei x2 = 0,5 oder Unendlichkeitsstelle, durch die noch eine vertikale Asymptote verläuft.