Informations- und Kommunikationstechnik

Class-AB Transistor Endstufen

Von einem Leistungs- und Endverstärker werden eine hohe Signalleistung und ein großer Wirkungsgrad erwartet. Das Eingangssignal sollte proportional linear verstärkt werden. Da die Eingangskennlinien bipolarer Transistoren nicht optimal linear sind, werden die dadurch auftretenden nichtlinearen Verzerrungen durch spezielle Schaltungserweiterungen minimiert. Ziel ist es ein Ausgangssignal mit möglichst kleinem Klirrfaktor (<1 %) zu erhalten. Die Forderung nach einem großen Wirkungsgrad wird vom Class-A Verstärker nicht erfüllt. Seine Verlustleistung ist mit 50% viel zu hoch. Der im praktischen Betrieb erzielbare Wirkungsgrad der Signalverstärkung liegt bei 35%. Das zweite Kriterium wird gut erfüllt, solange der Arbeitsbereich auf den recht großen relativ linearen Abschnitt der Kennlinie beschränkt ist. Wird der Verstärker bis zur maximal erreichbaren Leistungsgrenze ausgesteuert, dann nimmt der Klirrfaktor sehr stark zu.

Ein Class-B Verstärker verhält sich entgegengesetzt. Im praktischen Betrieb kann ein Wirkungsgrad von 70% erreicht werden. Der Klirrfaktor des Ausgangssignals ist nur bei großen Eingangssignalen akzeptabel. Die Kleinsignalverstärkung, also für Eingangssignale mit geringer Amplitude, erfolgt im stark gekrümmten Bereich der Eingangskennlinie mit dem Ergebnis nicht akzeptabler Übernahmeverzerrungen und hohen Klirrfaktoren.

Ein Verstärker im AB-Betrieb hat beide geforderten positiven Eigenschaften. Die Basis-Emitter Diode jedes Transistors wird durch eine Vorspannung schwach leitend gesteuert. Das verschiebt den Arbeitspunkt aus dem B-Betrieb etwas in Richtung des A-Betriebs, sodass er auf der Steuerkennlinie am Ende der Krümmung liegt. Über beide Endstufentransistoren gesehen entsteht eine gemeinsame relativ lineare Steuerkennlinie. Ohne Eingangssignal fließt ein Kollektorruhestrom von wenigen Milliampere. Verglichen mit dem Class-B Verstärker ist die Verlustleistung gestiegen, bleibt aber gegenüber dem Class-A Verstärker vernachlässigbar klein. Der praktische Wirkungsgrad liegt weiterhin bei 70%.

Class_AB Steuerkennlinie

Beispiele für Serien-Gegentaktschaltungen

Die Erzeugung der Vorspannung und des Ruhestroms

Wird jede Basis-Emitter Diode mit 700 mV Vorspannung leitend, dann verschieben sich die Arbeitskennlinien und bilden eine gemeinsame Aussteuerkennlinie mit praktisch linearem Verlauf. Diese Vorspannung ist die Diffusions- oder Durchlassspannung der Si-Halbleiter und kann am einfachsten durch eine leitende, zur jeweiligen Basis-Emitterstrecke parallel geschaltete Diode bereitgestellt werden. Die Dioden erhalten ihren Strom aus der Betriebsspannung über entsprechend dimensionierte Vorwiderstände R1 und R2.

Vorspannungs- und Ruhestromgewinnung

Endstufentransistoren benötigen zur Vollaussteuerung hohe Basisströme. Sie fließen über ziemlich niederohmige Dioden Vorwiderstände. Dadurch wird die Signalquelle mit der Steuerspannung ue erheblich belastet.

Im Simulationsversuch wurden die Widerstandswerte experimentell bestimmt. Für die Betriebsspannungen waren ±20 V, die maximale Effektivspannung des 1 kHz Signals 10 V und ein Lastwiderstand mit 16 Ω gewählt. Ein unverzerrtes Ausgangssignal mit einem Klirrfaktor von 0,5% wurde erstmals mit 560 Ω für jeden Vorwiderstand erhalten. Bei 680 Ω Widerständen lag der Klirrfaktor mit 1% bei Vollaussteuerung doppelt so hoch. Für jeden Kollektorstrom wurden 331 mA und für jeden Basisstrom 3,3 mA gemessen. Der Gleichstrom jeder Diode betrug 32 mA und ermöglichte mit 1,46 V Gleichspannung über beide Dioden den praktisch linearen Verlauf der Arbeitsgerade über beide Transistoren.

Da die Endstufe nur Stromverstärkung hat, wird die Spannungsverstärkung mit ue von einer Treiberstufe bereitgestellt. Sie wird von den niederohmigen Vorwiderständen R1 und R2 belastet und muss einen sehr kleinen Ausgangswiderstand haben. Auf das Signal bezogen liegen die Vorwiderstände der Dioden parallel zur Signalquelle, die in der Simulation mit 280 Ω belastet wird. Das ließ sich auch bestätigen, wenn die zuvor ideale Spannungsquelle diesen Wert als Innenwiderstand erhielt. Die Amplitude der Ausgangsspannung des Verstärkers halbierte sich. Ohne Ansteuerung durch ein Eingangssignal fließt je Transistor ein vernachlässigbar geringer Kollektorruhestrom von 0,3 mA. Die Class-AB Endstufe hat eine sehr geringe Gleichstromverlustleistung.

Vorspannung mit Konstantstromquellen

In einer erweiterten Schaltung erhalten die Dioden und die Endstufentransistoren den Strom von Konstantstromquellen. Sie wurden so dimensioniert, dass bei Vollaussteuerung der maximale Basisstrom der Endstufentransistoren garantiert und die Vorspannung über beide Dioden gesichert war. Der Ausgangswiderstand der Konstantstromquelle kann im besten Fall um den Stromverstärkungsfaktor dieser Schaltung hochohmiger sein. Im Simulationsversuch wurde mit den Widerstandswerten von 560 Ω für die Emitterwiderstände in der Konstantstromquelle die Signalquelle mit 1,5 kΩ deutlich weniger belastet.

Halbleiter gehören zu den Heißleitern, daher nehmen mit zunehmender Erwärmung ihr Widerstand ab und der Stromfluss zu. Ohne Vorsichtsmaßnahmen könnten sich die Endstufentransistoren im Betriebsfall durch fortgesetzte Eigenerwärmung letztlich zerstören. Sind die Dioden der Vorspannungserzeugung im direkten Wärmekontakt zu den Endstufentransistoren auf deren Kühlkörper montiert, wirken sie dem temperaturbedingten Anstieg des Kollektorstroms entgegen. Das Temperaturverhalten der Dioden entspricht dem der Transistoren. Bei Erwärmung werden die Dioden niederohmiger und die Spannung an ihr verringert sich. Da diese Spannung gleich der Basis-Emitterspannungen der Endstufe ist, wird sie weniger leitend. Es ist ein Regelkreis zur Arbeitspunktstabilisierung für die Endstufentransistoren entstanden.

Ruhestromgewinnung mit Transistor

Die Vorspannung kann auch von der Kollektor-Emitterstrecke eines Transistors bereitgestellt werden. Der Transistor arbeitet als Spannungsquelle und wird aus den zuvor beschriebenen Gründen mit auf den Kühlkörper der Endstufentransistoren montiert. Meistens wird der Treibertransistor mit einbezogen. Er stellt die Spannungsverstärkung und Ansteuerung der Endstufe bereit.

Mit dem Poti R2 wird die Basis-Emitterspannung so eingestellt, dass sich zwischen Kollektor und Emitter die notwendige Vorspannung der Endstufentransistoren von 1,4 V ergibt. Der Transistor ist als Konstantspannungsquelle sehr niederohmig und hat kaum Einfluss auf die Amplitude des Signals. Die Endstufentransistoren werden weiterhin symmetrisch angesteuert.

Eine Gegentaktendstufe mit Darlingtontransistoren benötigt eine Vorspannung, die der Summe aller Basis-Emitter Strecken der Endstufentransistoren entspricht. Der Arbeitspunkt der Endstufe für den AB-Betrieb kann dann mit vier Dioden in Reihe oder einem Transistor als Konstantspannungsquelle für rund 2,4 ... 2,8 V zwischen den Basisanschlüssen eingestellt werden.

Arbeitspunktstabilisierung durch Stromgegenkopplung

Einer thermischen Arbeitspunktdrift der Endstufe kann durch Stromgegenkopplung mit je einem kleinen Emitterwiderstand von (0,1 ... 1) Ω entgegengewirkt werden. Bei Temperaturerhöhung nehmen der Emitterstrom und die Spannung an den Emitterwiderständen zu. Bei konstanter Basisspannung verringert sich dadurch die Basis-Emitterspannung und die Transistoren leiten weniger gut. Da der Laststrom durch die Emitterwiderstände fließt wird auch Signalleistung an ihnen umgesetzt, die am Lastwiderstand dann fehlt. Die Widerstände müssen für die zu erwartenden Leistungen bemessen sein.

Ruhestrom und Stromgegenkopplung

Die Emitterwiderstände können die Endstufentransistoren auch vor zu hohen Strömen schützen, die bei hohen Signalfrequenzen und Volllaussteuerung auftreten können. Bipolare Transistoren leiten, wenn genügend Ladungsträger in die Basiszone eindiffundiert sind. Zum vollständigen Sperren müssen diese Ladungsträger aus der Basiszone abfließen. Die Diffusionszeiten sind nicht gleich. Der Sperrvorgang verläuft langsamer und dadurch kann der Emitterstrom des betroffenen Transistors zu groß werden. Dieser größere Strom lässt die Spannung am Emitterwiderstand ansteigen und senkt dadurch die Basis-Emitterspannung des Transistors. Der Sperrvorgang wird unterstützt und die Sperrzeit wird kürzer.

Mobile, batteriebetriebene Geräte arbeiten oft mit nur einer Betriebsspannung. Anstelle der negativen Spannungsquelle liegt dort die Schaltungsmasse und die Betriebsdaten sind so berechnet, dass am Ausgang die halbe Betriebsspannung messbar ist. Die Signalauskopplung kann nur noch über einen ausreichend groß dimensionierten Elektrolytkondensator erfolgen. Dieses Schaltungskonzept wird im Rahmen der ausführlichen Schaltungsanalyse eines 3W-Komplementärverstärkers beschrieben. Serien-Gegentaktverstärker mit gleichartigen Transistortypen in der Leistungsstufe werden im Kapitel der Quasikomplementär-Endstufe behandelt.