Analoge Fernsehtechnik
Die Digitalisierung verdrängt die analoge Fernsehtechnik immer mehr in Richtung einer historischen Bedeutung. Dennoch werde ich diese viele Jahre etablierte Technik ausführlicher beschreiben. Das recht umfangreiche Kapitel ist nach einem einleitenden Einstieg in die allgemeine Fernsehtechnik nach der CCIR-Norm in die folgenden Abschnitte unterteilt:
- Das Bild-, Austast- und Synchronsignal, kurz BAS-Signal
- Die Bildsynchronimpulse und das Rastersynchronsignal
- Das Frequenzschema nach CCIR Norm
- Das prinzipielle Blockschaltbild des Senders
Mit der Fernsehtechnik werden bewegte Bilder übertragen. Das kann drahtlos per Funksignale sowie kabelgebunden im Breitband- und Glasfasernetz geschehen. Eine fortlaufende Bildübertragung, die der scheinbar kontinuierlichen Aufnahmefähigkeit unserer Augen entspricht, ist technisch nicht lösbar. Zur Übertragung werden die Bilder zuvor in kleine Bildpunkte zerlegt. Die Helligkeit der Bildpixel wird elektrisch ausgewertet und die daraus gewonnenen Informationen werden am Empfangsort erneut zum Bild zusammengesetzt.
Fernsehkameras besitzen optoelektrische Bildwandler, deren Zellen die von der Optik aufgenommenen Helligkeitssignale des Bildes als elektrische Potenziale speichern. Die in moderneren Kameras verwendeten Wandler sind CCD-Bildspeicher (Charge Coupled Device Halbleitersensoren) und CMOS-Bildspeicher (Complementary Metal Oxide Semiconductor Bildspeicher).
Der erste um 1923 vollkommen elektronisch arbeitende Wandler war das Ikonoskop. Es besteht aus einer fotoempfindlichen Speicherplatte mit winzigen nebeneinander angeordneten Kondensatorzellen. Sie verändern je nach Belichtung ihre elektrische Ladung. Mit der Fernsehtechnik um 1936 kam das Ikonoskop zur Bildwandlung zum Einsatz. Es folgten nach 1950 die Vidiconröhren mit lichtempfindlichen Halbleitern aus Selen, Tellur und danach mit dem stabileren Antimontrisulfid. Nach 1960 standen Plumbikonröhren mit besseren Bildeigenschaften zur Verfügung. Sie arbeiten mit einem fotoempfindlichen Wandler aus zweiwertigem Bleioxid (Pb0).
Das begrenzte Auflösevermögen unserer Augen macht eine Bildübertragung durch Bildzerlegung möglich. Das menschliche Auge ist in der Lage zwei 5 mm voneinander entfernte Punkte aus 10 m Entfernung betrachtet, noch getrennt wahrzunehmen. Das entspricht einem Winkelabstand von 1,8 Bogenminuten. Die absolute Auflösegrenze des Auges im schärfsten Sehfeld liegt bei 48 Bogensekunden. Es zeigt sich, dass die Abfolge paralleler horizontaler Linien nicht so gut aufgelöst werden kann wie gleichartige vertikale Strukturen.
Eine optimale Zeilenzahl des Bildrasters kann nur im Zusammenhang mit dem Betrachtungsabstand ermittelt werden. Versuche ergaben ein angenehmes Sichtempfinden bei einem Betrachtungsabstand, der dem fünffachen Wert der Bildhöhe entspricht. Mit dem durchschnittlichen Winkelabstand von 1,5 Bogenminuten lässt sich die zugehörige Mindestzeilenzahl errechnen.
Der folgende Videoclip wurde mit einer Bildrate von 60 Bildern pro Sekunde als Screenshot erstellt. Er zeigt Beispiele zum Auflösevermögen unserer Augen, die bei der Bild- und Farbrasterung zu berücksichtigen sind. Erst ab einer Mindestbildfolge erkennen wir mit unseren Augen einen kontinuierlich Ablauf. Bei Bildwechsel mit mehr als 16 Bildern pro Sekunde erkennen unsere Augen nicht mehr eindeutig die Einzelbilder. Der Videovlip kann individuell nur mithilfe der einblendbaren Controlleiste gesteuert werden.
Mit allen optoelektrischen Wandlern wird das von der Optik erfasste Bild in eine Vielzahl einzelner Bildpunkte unterteilt oder gerastert. Das Bildraster wird zeilenweise elektronisch abgetastet, die gespeicherten Ladungswerte werden ausgelesen und die Speicherzellen in einen neutralen Zustand zurückgesetzt. Eine sehr gute Bildauflösung setzt ein enges Raster mit einer großen Anzahl an Bildpunkten voraus. Das erfordert einen hohen elektronischen Aufwand bei der Bildverarbeitung.
Zeilenzahl und Bildwechselfrequenz
Für das erste Fernsehen 1937 in Europa wurde eine Norm mit 441 Zeilen verwendete und kam damit der oben errechneten Mindestzahl der Zeilen sehr nahe. Durch Sehversuche ermittelte man für einen optimalen Betrachtungsabstand eine Mindestzahl von 900 Zeilen. Die geltende CCIR-Norm (Comité Consultatif International des Radio communications) legte 625 Zeilen Brutto für das gesamte Raster fest. Das entspricht der SDTV-Norm (Standard Definition Television) 576i/25. Die Zahlen stehen für 576 sichtbare Zeilen, den Nettozeilen interlaced, also im Zwischenzeilenverfahren geschrieben, und 25 Vollbildern je Sekunde.
Kinofilme werden mit 24 Teilbildern je Sekunde abgespielt. Eine im Projektor rotierende Flimmerblende stellt jedes Teilbild einmal unterbrochen dar. Damit entsteht der Eindruck eines doppelten Bildwechsels mit flimmerfreiem Ablauf. Bei der Fernsehbildwiedergabe ist diese Technik nicht möglich. Die Übertragung von 50 Bildern pro Sekunde erfordert zu viel Bandbreite. Das Problem wurde mit dem Zeilensprung- oder Interlaceverfahren gelöst. Die 625 Zeilen jedes Bildes werden in zwei Halbraster mit je 312,5 Zeilen aufgeteilt und als zwei Teilbilder nacheinander geschrieben.
Die Darstellung des ersten Teilbildes nutzt alle ungeraden Zeilen (1, 3, 5, 7 ...), danach folgt das zweite Halbbild mit allen geraden Zeilen (2, 4, 6, 8 ...). Die Zeilenraster werden abstandsgenau ineinander geschrieben. Die Halbbildwechsel erfolgen nach 1 / 50 s = 20 ms. Das ergibt die Bildraster- oder Vertikalfrequenz von 50 Hz. Beim Schreiben der Zeilen endet das erste Halbbild in der Mitte des unteren Bildrands. Die erste Zeile des zweiten Halbbilds beginnt ab der Mitte des oberen Bildrands und endet mit der vollständigen letzten Zeile am unteren Bildrand.
Bei 25 Vollbildern pro Sekunde und 625 Zeilen je Bild müssen 25 · 625 = 15625 Zeilen pro Sekunde geschrieben werden. Dieser Wert steht für die Zeilen- oder Horizontalfrequenz. Sie muss mit der Bildrasterfrequenz fest verkoppelt sein. Beide Frequenzen werden im Sender zum Auslesen des Bildspeichers aus einem Festfrequenzgenerator durch Frequenzteilung gewonnen. Der Taktgenerator läuft mit f = 31250 Hz, der doppelten Zeilenfrequenz. Durch ganzzahlige Frequenzteilung (2 : 1 und 625 : 1) erhält man dann die zueinander phasenstarr verbundene Zeilen- und Bildwechselfrequenz.
Nach dem Schreiben des sichtbaren Bildinhalts einer Zeile muss der Elektronenstrahl der Bildröhre an den Zeilenanfang zurückgelangen. Der als Zeilenrücklauf genannte Vorgang erfolgt schnell und muss im Bild unsichtbar sein. Die nächste Zeile beginnt unterhalb der zuvor geschriebenen, also ist der Elektronenstrahl zusätzlich auch vertikal abzulenken. Nach dem Schreiben der letzten Zeile des Halbbildrasters muss der Strahl nun auch vertikal schnell und unsichtbar nach oben zurückgeführt werden. Für die Strahlablenkung sind somit zwei Sägezahngeneratoren notwendig, wobei einer mit Horizontal-, der andere mit Vertikalfrequenz arbeitet. Nach der CCIR-Norm sind die Rücklaufzeiten wie folgt festgelegt:
Horizontalrücklauf: trH = 0,18 · TH = 11,52 μs und Vertikalrücklauf: trV = 0,08 · TV = 1,6 ms.
Der folgende Videoclip zeigt das Prinzip des Interlaceverfahrens für ein Zeilenraster mit 15 Zeilen. Die Hin- und Rücklaufzeiten der Ablenkgeneratoren für den Elektronenstrahl entsprechen umgerechnet den wahren zeitlichen Verhältnissen. Wegen der wenigen Bildzeilen ist die Schräglage der Zeilen groß und am oberen Bildrand ist der fehlende Zeilenabschnitt besonders auffällig. Im Fernsehempfänger mit 625 Zeilen ist die Schräglage wesentlich geringer und sie werden durch eine etwas vergrößerte Bildhöhe maskiert. Auf CRT-Monitoren mit zuschaltbarem Underscanning können diese fehlenden Bereiche sichtbar gemacht werden.
Das vollständige Bildraster wird von der Horizontal- und Vertikalfrequenz beziehungsweise von den entsprechenden Ablenkzeiten bestimmt. Die Rasterfläche des sichtbaren Bildes ist kleiner, da während der Rücklaufzeiten der Elektronenstrahl dunkel getastet und die Darstellung unsichtbar wird. Die 625 Bildzeilen werden innerhalb 40 ms geschrieben. In der gesamten Rücklaufzeit von 2 · trV = 3,2 ms entsteht kein sichtbares Bild. Daraus errechnen sich 50 Zeilen und die gesamte sichtbare Bildübertragung hat eine Auflösung von nur 575 Zeilen.
Ist die horizontale und vertikale Auflösung gleich, so hat beim Seitenverhältnis von 4:3 das sichtbare Bild je Zeile 575 · 4 / 3 = 767 Bildpunkte. Das Gesamtbild setzt sich somit aus 575 · 575 · 4 / 3 = 440833 Bildpunkten zusammen. Diese sichtbaren Bildpunkte werden während des horizontalen und vertikalen Hinlaufs des Elektronenstrahls geschrieben. Die dafür zur Verfügung stehende Gesamtzeit beträgt: 64μs · (1 − 0,18) · 625 · (1 − 0,08) = 30,176 ms
Daraus kann die Zeit berechnet werden, die zum Schreiben eines Bildpunktes zur Verfügung steht. Nimmt man nun an, dass immer abwechselnd ein heller und ein dunkler Bildpunkt dargestellt werden, so lässt sich die dazu maximale Signalfrequenz errechnen: Zeit / Bildpunkt = 30,176 ms / 440833 = 68,45 ns und fmax = 1 / (2 · 68,45 ns) = 7,3 MHz
Für ein rechteckförmiges An/Aus Bildpunkt-Steuersignal sind 7,3 MHz die Grundfrequenz oder die 1. Harmonische. Theoretisch müsste die Bandbreite des Videosignals weitaus höher liegen. Da der Elektronenstrahl nicht punktförmig auftrifft, bildet sich ein unscharfer hell zu dunkel Übergang, vergleichbar mit einem sinusförmigen Signalverlauf. Die Grundfrequenz liegt damit sogar unterhalb des oben errechneten Wertes. In der CCIR-Norm wurde die Bandbreite des Videosignals auf 5 MHz festgelegt. Der dazu von Kell empirisch ermittelte Reduktionsfaktor, der Kell-Faktor, berücksichtigt zusätzlich die etwas geringere Vertikalauflösung unserer Augen. Es folgt die Zusammenstellung der gerundeten Kennwerte für die analoge Fernsehbildübertragung nach CCIR-Norm:
- Zeilenzahl
- 625 Zeilen, mit 575 Zeilen im sichtbaren Bildraster.
- Zeilenfrequenz
- fH = 15625 Hz, mit der horizontalen Periodendauer von 64 μs; aufgeteilt auf den Zeilenhinlauf mit 52 μs und den Zeilenrücklauf mit 12 μs.
- Rasterwechselfrequenz
- fV = 50 Hz bei 25 Vollbildern entsprechend 2 · 25 Halbbildern pro Sekunde.
- Halbbilddauer
- 20 ms aufgeteilt auf den Vertikalhinlauf mit 18,4 ms und den Vertikalrücklauf mit 1,6 ms.
- Seitenverhältnis
- 4:3 mit rund 441000 sichtbaren Bildpunkten.
- Übertragungszeit des sichtbaren Vollbildes
- rund 30 ms nach der weiter oben ausgeführten Berechnung.
- Videobandbreite
- auf 5 MHz festgelegt und damit den empirisch ermittelten praktischen Verhältnissen angepasst.
Das BAS-Signal
Das vollständige BAS-Fernsehsignal, auch Helligkeits-, Luminanz- oder Y-Signal genannt, setzt sich aus den Bildinformationen, den Austastsignalen und den Synchronsignalen zusammen. Die Helligkeitsstufen der zu übertragenden Bilder werden vom Bildwandler in Spannungswerte überführt. Weiß erhält den höchsten und Schwarz den kleinsten Spannungswert. Alle anderen Graustufenwerte liegen dazwischen. Die genormte Bildamplitude beträgt maximal 700 mV. Die Amplitude der Austast- und Synchronsignale ist auf 300 mV festgelegt, sodass die Gesamtamplitude des BAS-Signals zwischen 0 V, dem Synchrondach und 1 V für den Spitzenweißwert liegt. Das Bild zeigt alle wichtigen Daten eines BAS-Zeilensignals.

Das Zeilenaustast- und Synchronsignal
Nach dem Schreiben der anzuzeigenden Zeileninformation muss der Strahl unsichtbar zum Zeilenanfang zurückgeführt werden. Der Sender stellt dazu ein Austast- und Synchronsignal zur Verfügung, das vom Empfänger ausgefiltert und ausgewertet wird und den Rücklauf startet. Das horizontale Austastsignal nach jedem Zeilendurchlauf hat eine Dauer von 0,18 · TH = 11,52 μs. Der erste rund 1 μs lange Abschnitt ist die vordere Schwarzschulter mit einem konstanten Spannungswert, der Schwarz garantiert, indem er den Elektronenstrahl zur Anode hin verhindert. Dieser Austast- oder Schwarzwert kann um 2% gegenüber der Bildinformation Schwarz abgehoben sein. Auf diese besondere Schwarzabhebung, die im Bild als gestrichelte Linie eingezeichnet ist, wird derzeit meist verzichtet.
Es schließt sich der Zeilensynchron- oder Zeilenrücklaufimpuls mit einer Dauer von rund 5 μs an. Mit dem ausgefilterten Synchronsignal wird der Gleichlauf zwischen senderseitiger Zeilenabtastung und dem Schreiben der Zeile im Empfänger gesteuert. Er triggert den im Empfänger vorhandenen Zeilenoszillator. Das Synchronsignal hat eine konstante Amplitude, deren Wert oberhalb von Schwarz liegt und als Ultraschwarz bezeichnet wird. Während und nach dem Zeilensynchronimpuls bleibt die Zeile vom Austastsignal für weitere 6 μs, der hinteren Schwarzschulter, dunkel getastet. Sie dient als Bezugspegel für Regelschaltungen und wird beim Farbfernsehen zur Übertragung des Farbsynchronsignals, dem Burst, genutzt.
AM-Negativmodulation des BAS-Signals
Vor dem Senden wird das Bildsignal durch Amplitudenmodulation an einen hochfrequenten Träger gebunden. Zur Einsparung von Sendebandbreite wird nach dem AM-Restseitenbandverfahren moduliert, wobei das vollständige obere Seitenband und ein Teil des unteren Seitenbandes der AM gesendet werden. Störungen, die auf ein AM-Signal einwirken, machen sich meistens als Amplitudenspitzen bemerkbar. Nach der Demodulation im Empfänger ergeben sie hohe Spannungswerte, die im Bild dann hell und gut erkennbar sind. Man invertiert daher vor der Modulation das BAS-Signal, sodass nach der CCIR-Norm Weiß den niedrigsten und Schwarz den höchsten Spannungswert hat. Durch die Negativmodulation führen die Störsignale nach der Demodulation zu dunklen Bildaussetzern, die dem Auge weniger auffallen.
Energetisch betrachtet ist die AM-Negativmodulation von Vorteil. Durchschnittlich wird der Hellanteil im Film oder Bild überwiegen. Durch die Inversion des Videosignals vor der Modulation hat Weiß jetzt 0 Volt und Schwarz 1 Volt und der Bildträger wird insgesamt weniger stark moduliert. Der Energieinhalt der Seitenbänder und damit der Bedarf an Senderenergie bleibt geringer.

Das Bild zeigt das Ergebnis der mathematisch programmierten Negativmodulation einer BAS-Zeile. An der rechten Achse sind die prozentualen Normwerte der Senderamplitude abgetragen. Der nicht modulierte Bildträger ist als roter Kurvenzug zu erkennen. Der sichtbare Zeileninhalt beginnt links mit einem weißen Balken am Ende der hinteren Schwarzschulter und endet rechts mit einem schwarzen Balken am Beginn der vorderen Schwarzschulter. Die Videoamplitude mit dem Wert 0 für Weiß und 1 für Schwarz moduliert den Bildträger so, dass bei Weiß eine unmodulierte BT-Amplitude von 10% verbleibt. Dabei ist berücksichtigt worden, dass die Bildamplitude im BAS-Signal auf 70% genormt ist. Der Schwarzwert der Austastung liegt genormt bei 75% der maximalen Sendeamplitude. Mit der hier berücksichtigten Schwarzabhebung befindet sich der Schwarzpegel des sichtbaren Bildes bei 73% der Sendeamplitude und somit 2% unterhalb des Schwarzwerts der Austastung. Das Synchrondach liegt 30% oberhalb des Video-Schwarzpegels.
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