SI-Basiseinheiten mit Naturkonstanten definiert
Physikalische Größen sollten nach einem generell gültigen Einheitensystem bezeichnet werden. Durchgesetzt hat sich das Internationale Einheitensystem, das nach dem französischen Système international d'unités seit 1960 als SI-Einheitensystem bekannt ist. Mit genau definierten Bezugsgrößen aus sieben Naturkonstanten werden die sieben Basiseinheiten des SI-Systems nunmehr voneinander abhängig beschrieben. Die neuen Definitionen sind ab dem 20. Mai 2019, dem Weltmetrologietag gültig und gestatten der Wissenschaft ein physikalisch präziseres Messen.
Das SI-Einheitensystem ist ein metrisches in sich widerspruchsfreies Dezimalsystem. Die sieben Basiseinheiten sind untereinander abhängig und werden ausschließlich über sieben Naturkonstanten definiert, deren Genauigkeit mithilfe mehrerer voneinander unabhängiger Experimente ermittelt wurde. Der Wert einer Naturkonstante hat sich bislang im Universum als orts- und zeitunabhängig erwiesen. Das SI-System ist kein Naturgesetz, sondern eine Vereinbarung aufgrund präzisester Messmethoden. Die Definition der Zeit ist keine absolute Naturkonstante, denn die zugrundeliegende Strahlungsfrequenz wird von elektromagnetischen Feldern beeinflusst. Sie müssen bei den Messmethoden aufwändig abgeschirmt werden. Die im Universum schwächste Kraft ist die Gravitationskraft, die im SI-System bislang nicht erfasst ist, aber im Universum die Zeit beeinflussen kann.
Zeit
Die Basiseinheit ist die Sekunde. Sie steht für die Zeit mit dem Formelsymbol t und dem Einheitensymbol s. Die Definition beruht auf der messtechnisch genau bestimmten konstanten Frequenz im Strahlungsspektrum ΔνCs eines Übergangs in der Hyperfeinstruktur des ungestörten Grundzustands des Cäsium-Isotops 133. Sie ist die Basis für Atomuhren. Eine Sekunde ist die Zeitspanne für 9192631770 Schwingungen dieser Strahlung.
Länge
Die Basiseinheit ist das Meter und bezeichnet die Länge mit dem Formelzeichen l und dem Einheitensymbol m. Die historische Definition sollte sich auf eine Naturgröße, der Länge eines Meridians beziehen. Dazu wurden im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts fast 2000 Messungen auf dem Landweg zwischen Dünkirchen im Norden und Barcelona im Süden durchgeführt, die auf dem gleichen Längengrad wie Paris liegen. Anschließend wurde die Meridianlänge durch Triangulationsrechnungen ermittelt und das Meter durch den zehnmillionsten Teil des halben Meridians, der Strecke zwischen Nordpol und Äquator festgelegt. Diese Länge erhielt ein gegossener Profilstab aus einer Platin-Iridium-Legierung, dem Urmeter. Man erkennt die vielen nicht mehr zeitgemäßen Ungenauigkeiten. Ab 1960 wurde die Basiseinheit als das 1650763,73-fache der Wellenlänge definiert, die aus einer bestimmten Spektrallinie von im Vakuum angeregten Atomen des Krypton-86-Isotops berechnet wird. Zur aktuellen Definition wird die Naturkonstante der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c verwendet.
Masse
Die Basiseinheit ist das Kilogramm, das die Masse mit dem Formelzeichen m und dem Einheitensymbol kg bezeichnet. Das traditionelle Urkilogramm ist wie das Urmeter aus einer sehr stabilen Platin-Iridium-Legierung hergestellt. Mit immer genaueren Messverfahren und im Vergleich mit Kopien des Urkilogramms stellte man über einen langen Zeitraum geringfügige Masseverluste fest. Die neue Definition verwendet als Naturkonstante das nach Planck benannte Wirkungsquantum h.
Elektrische Stromstärke
Die Basiseinheit ist das Ampere. Es steht für die elektrische Stromstärke mit dem Formelzeichen I und dem Einheitensymbol A. Die Stromstärke wird mithilfe der Elementarladung e des Elektrons definiert und entspricht dem Stromfluss von 1/e Elementarladungen pro Sekunde.
Temperatur
Die Basiseinheit ist Kelvin und bezeichnet die Temperatur mit dem Formelzeichen T und dem Einheitensymbol K. Die definierende Naturkonstante ist die Boltzmann-Konstante kB.
Stoffmenge
Die Basiseinheit ist das Mol und bezeichnet die Stoffmenge mit dem Formelzeichen n und dem Einheitensymbol mol. Die definierende Naturkonstante ist die Avogadro-Zahl NA. Jedes Mol eines Stoffes enthält genau die Anzahl derselben Teilchenart, die der Avogadro-Zahl entspricht. Bei den Teilchen kann es sich um gleichartige Atome, Moleküle, Ionen, auch Elektronen usw. handeln.
Lichtstärke
Die Basiseinheit ist Candela und bezeichnet die Lichtstärke mit dem Formelzeichen lv und dem Einheitensymbol cd. Candela (lateinisch) bedeutet Kerze, wobei früher die Helligkeit mit der Leuchtkraft einer Kerzenflamme verglichen wurde. Die genaue Bestimmung verwendet das photometrische Strahlungsäquivalent KCd einer monochromatischen Strahlungsquelle mit der Frequenz 540 THz. Der Zahlenwert ist 683 Lumen pro Watt lm/W festgelegt. Die Leistung Watt kann mit den Einheiten Kilogramm, Meter und Sekunde hergeleitet werden, die durch Naturkonstanten definiert sind. Mit Lumen wird der Lichtstrom bezeichnet und ist das Produkt aus Candela und Steradiant sr. Ein Steradiant ist der Raumwinkel, der auf einer Kugel mit dem Radius r = 1 m eine Fläche von einem Quadratmeter erfasst. Die Gesamtfläche dieser Kugel entspricht 4·π·sr.
Schreibweise der Werte und Einheiten
Das Formelzeichen, auch Größensymbol genannt, sollte möglichst kursiv und das Einheitenzeichen aufrecht stehend, serifenlos geschrieben werden. Die Größenangabe wird als Zahlenwert mit der Einheit geschrieben, wobei zwischen beiden kein Multiplikationszeichen aber ein geschütztes Leerfeld steht. Damit wird beim Zeilenwechsel eine Trennung des zusammengehörigen Ausdrucks verhindert. Stromstärke: I = 5 A; Temperatur: T = 298 K entspricht 24,85 °C. Eine Ausnahme sind die Einzelzeichen für Winkelgrad, Minute und Sekunde entsprechend β = 45°15'30''. Das Einheitenzeichen in [] wie z. B. U [V] oder P in [W] entspricht nicht der Norm. Einheiten werden nicht mit Indizes geschrieben. Die Schreibweise Veff ist falsch, richtig dagegen ist Ueff = 230 V. Achsenbezeichnungen werden als I/A oder I in A oder für die elektrische Feldstärke in E/(V/m) oder E in V/m angegeben.
Die Formelzeichen sind allgemeine Vereinbarungen. Die Einheitenzeichen sind international verbindlich und werden in aufrechten Schriftzeichen geschrieben. Für sie werden Kleinbuchstaben verwendet, es sei denn, sie sind an Eigennahmen gekoppelt. Der Kehrwert des Ohmschen Widerstands ist der Leitwert und wird mit der Einheit Siemens S geschrieben. Das kleingeschriebene s steht für Sekunde. Die Maßeinheit Liter ist im SI-System nicht definiert und kann mit großem oder kleinem L, l geschrieben werden. Die technisch-dezimalen SI-Präfixe wie 'Giga','Kilo', 'Milli', 'Mikro' beziehen sich auf die definierte SI-Einheit mit der einzigen Ausnahme für das Kilogramm (kg). Die Grundeinheit das Gramm (g) wird folglich als 10−3 kg = 1 g und nicht 1 mkg geschrieben. Große und vielstellige Zahlen können zur besseren Lesbarkeit in Dreiergruppen getrennt geschrieben werden. Als Trennzeichen ist ein schmales Leerzeichen erlaubt, während Unterstrich, Punkt oder Komma verboten sind. Δν = 9192631770 s−1 = 91 922 631 770 s−1
Vom Basis-SI-System abgeleitete Einheiten
Bis auf die Stromstärke treten keine der gebräuchlichen elektrischen Größen auf. Einige der teilweise notwendigen Umwandlungen in die SI-Einheiten werden nachfolgend vorgestellt. Dazu sind die Zusammenhänge zwischen Kraft, Energie (Arbeit) und Leistung (Energiestrom) hilfreich.
Elektrische Spannung
Die elektrische Spannung stellt als elektrische Potenzialdifferenz den Energieunterschied entlang einer Wegstrecke dar. Sie entsteht durch Ladungstrennung, wobei die Ladungsträger Elektronen sein sollen. Beim Ladungsausgleich wirkt in Richtung der elektrischen Feldstärke eine elektrische Kraft auf die Ladungsträger, wobei elektrischer Strom fließt und Leistung umgesetzt wird.
Elektrische Leistung und Arbeit
Aus dem Produkt elektrischer Spannung und Strom errechnet sich die elektrische Leistung. Die Wirkleistung wird in Watt angegeben. Für die elektrische Scheinleistung, wo in der Schaltung zusätzlich Blindwiderstände wirksam sind, wird eher die Einheit VA verwendet. Reine Blindleistung wird mit var (Volt Ampere reaktiv) bezeichnet. Arbeit ist die über eine Zeitspanne wirkende elektrische Energie, bei der Leistung, ein Energiestrom umgesetzt wird.
Elektrische Ladung
Die Elektrizitätsmenge Q oder elektrische Ladung ist keine SI-Grundgröße, wird aber oftmals als solche verwendet. Die Einheit Coulomb in C ist das Produkt der SI-Einheiten A·s. Q = 1 C = 1 A s
Elektrische Kapazität
Ein Kondensator kann elektrische Ladungen speichern. Sein Speichervermögen, die elektrische Kapazität C wird in Farad angegeben. Sie ist das Verhältnis der Ladungsmenge Q und der anliegenden Spannung U.
Elektrische Induktivität
Die Eigenschaft einer vom Strom durchflossenen Spule ist ihre Induktivität L. Sie steht in Verbindung mit der magnetischen Flussdichte oder Induktion B und dem magnetischen Fluss Φ.