Informations- und Kommunikationstechnik

Invertierender Operationsverstärker

Mit einer einfachen Schaltung und wenigen ohmschen Widerständen kann die sehr hohe Leerlaufverstärkung eines OPVs angepasst werden. Beim invertierenden OPV wird das Eingangssignal über einen Widerstand an den E− oder N-Eingang des OPVs gelegt. Das verstärkte und um 180° phasengedrehte Ausgangssignal wird über einen weiteren Widerstand auf den gleichen Eingang zurückgekoppelt. Dieser gegengekoppelte Verstärker nennt sich Umkehrverstärker oder invertierender Verstärker, kurz Invertierer.

OPV als Invertierer und Ersatzschaltung

Die Arbeitsweise des Invertierers kann schrittweise nachvollzogen werden. Am Eingangswiderstand liegt eine positive Eingangsspannung Ue = 1 V. Die Ausgangsspannung ist in diesem Moment noch Ua = 0 V. Die beiden Widerstände der Ersatzschaltung sollen mit 10 kΩ gleich groß sein. Die Eingangsspannung teilt sich an ihnen auf und am N-Eingang liegt somit die positive Spannung UE− = 0,5 V.

Der OPV soll diese Spannung linear verstärken und invertieren, wodurch sich die Ausgangsspannung pro Schritt um Ua = −0,1 V ändert. Nach dem ersten Schritt errechnet sich die Spannung über beide Widerstände aus der Differenz der Einzelpotenziale zu 1,1 V. Sie wird an den gleich großen Widerständen der Ersatzschaltung zu je 0,55 V aufgeteilt. Da die Eingangsspannung Ue weiterhin anliegt, stellt sich am invertierenden Eingang des OPVs eine neue kleinere Spannung UE− = 0,45 V ein.

Die Tabelle zeigt für diese theoretische stufenweise lineare Änderung der Ausgangsspannung, dass nach einigen Durchläufen die Spannung am invertierenden Eingang des OPVs gegen UE−≈0 V strebt. Damit ist ein stabiler oder eingeschwungener Zustand, erreicht. Der direkte Eingang am OPV wird als virtuelle Masse bezeichnet.

Ue / V 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
UR1=UR2 / V 0,50 0,55 0,60 0,65 0,70 0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00
EE− / V 0,50 0,45 0,40 0,35 0,30 0,25 0,20 0,15 0,10 0,05 0,00
Ua / V 0,00 -0,10 -0,20 -0,30 -0,40 -0,50 -0,60 -0,70 -0,80 -0,90 -1,00

Ein Operationsverstärker hat einen so hohen Eingangswiderstand, dass in guter Näherung die Eingangsströme in den OPV vernachlässigbar bar klein. Alle folgenden Betrachtungen beruhen darauf. Es wurde gezeigt, dass am N-Eingang die Differenzspannung des Umkehrverstärkers wegen der sehr hohen Differenzverstärkung vernachlässigbar klein ist. Der E− Eingang wird somit zur virtuellen Masse. Alle Ausgleichsströme fließen durch die Widerstände der äußeren Schaltung. Der Ausgang des OPVs kann als ideale Spannungsquelle gesehen werden.

Kenngrößen eines Invertierers

Zur Herleitung der Verstärkungsformel eines OPVs, der im Gegenkoppelzweig nur rein ohmschen Widerständen hat, haben sich folgende Bedingungen als nützlich erwiesen:

Betriebsverstärkung des Invertierers

Der Knotenpunkt K in der dargestellten Schaltung wird als virtuelle Masse bezeichnet. Wird für K die Stromsumme nach der Kirchhoffschen Regel aufgestellt, so erkennt man, dass mit den aufgestellten Bedingungen die Eingangsspannung über dem Widerstand R1 und die Ausgangsspannung über dem Rückkopplungswiderstand R2 messbar ist. Die Spannungsverstärkung ist das Verhältnis der Ausgangsspannung zur Eingangsspannung und nur von den Widerstandswerten der äußeren Schaltung abhängig. Das negative Vorzeichen steht für die Phasendrehung oder Inversion um 180°.

Die Herleitung kann ebenso mit dem Maschensatz für die Eingangs- und Ausgangsmasche erfolgen. Die Richtung der Spannungspfeile ist frei wählbar und soll hier stets auf Signalmasse ausgerichtet sein. Die Ausgangsspannung Ua ist das Produkt der Differenzspannung UeD und der Leerlaufverstärkung V0.

OPV Betriebsverstärkung

Eine weitere Variante die Verstärkerformel herzuleiten geht vom nicht übersteuerten Arbeitszustand des OPVs aus. Die Ausgangsspannung stellt sich dann immer so ein, dass die Spannungsdifferenz am OPV-Eingang null wird, also UN = UP ist. Die Leerlaufverstärkung kommt wie beim Ansatz nach der Knotenpunktregel nicht vor.

Eingangswiderstand

Aus Spannung und Strom am Eingang errechnet sich der Eingangswiderstand des beschalteten, rückgekoppelten OPVs. Es ist erkennbar, dass der Widerstand R1 der Verstärkerschaltung die angeschlossene Signalquelle belastet und somit den Eingangswiderstand bildet Re = R1. Er ist viel kleiner als der des nicht beschalteten OPVs.

Ausgangswiderstand

Eine Belastung am Ausgang des gegengekoppelten OPVs würde seine Ausgangsspannung verringern. Über den Widerstand R2 im Rückkoppelzweig gelangt dann eine kleinere Spannung an den Summationspunkt der virtuellen Masse und die Eingangsdifferenzspannung UeD wird größer. Der OPV verstärkt sie mit seiner Leerlaufverstärkung, bis die Ausgangsspannung ihren Wert vor der Belastung erreicht hat. Im nicht übersteuerten Arbeitsbereich hält der OPV seine Eingangsdifferenzspannung auf 0 V. Mit dieser Regelschleife bleibt die Ausgangsspannung bei Lastwechsel konstant. Der Ausgangswiderstand des Umkehrverstärkers Ra = RA0 · VU/VU0 ist bei Belastung ist kleiner als im Leerlauf. RA0 ist der Ausgangswiderstand des nicht beschalteten OPVs und VU0 seine Leerlaufverstärkung.

Betriebsverstärkung

Die Betriebsverstärkung des Invertierers errechnet sich aus dem Verhältnis der Widerstandswerte zwischen Eingang und Ausgang der äußeren Schaltung. Da der Widerstand am invertierenden Eingang als Eingangswiderstand des Verstärkers wirkt, belastet er mit seinem Wert die Signalquelle. Eine große Betriebsverstärkung kann entweder durch einen großen Widerstandswert in der Rückkopplung oder durch einen kleinen Widerstandswert am Eingang erreicht werden. Beide Extreme sind nicht optimal. Hohe Widerstandswerte gelten als thermische- und Stromrauschquelle und sind empfindlicher gegen einwirkende elektrische Störungen.

OPV mit Widerstands-T-Glied

Bei einer geforderten Betriebsverstärkung von V=115 und dem Eingangswiderstand von R1 = 10 kΩ ist R = 1,15 MΩ als Rückkoppelwiderstand notwendig. Bei gleicher Verstärkung kann dieser durch eine Widerstands-T-Schaltung mit kleineren Widerstandswerten ersetzt werden. Die angegebene Formel kann mithilfe der Knoten- und Maschengleichungen hergeleitet werden. Dabei ist zu beachtet, dass der Eingangsstrom nur von einem der Zweigströme der Parallelschaltung kompensiert wird. Der andere Zweigstrom des Ausgangsstroms fließt durch den T-Zweig direkt nach Masse.

Betriebsverstärkung mit Widerstands-T-Glied

Frequenzgang

In der Verstärkertechnik ist das Produkt aus Bandbreite und Verstärkungsfaktor eine charakteristische Konstante. Ausgehend von der Transitfrequenz beim Verstärkungsfaktor 1 nimmt mit zunehmender Verstärkung die Bandbreite kontinuierlich ab. Das Diagramm zeigt entsprechende Messwerte für einen Umkehrverstärker mit einer von der Frequenz unabhängigen Gegenkopplung durch rein ohmsche Widerstände. Die Transitfrequenz des OPVs hat den Wert fT = 1,5 MHz, das entspricht seiner Bandbreite bei der Spannungsverstärkung Vu = 1. Mit zunehmender Verstärkung verringert sich die Bandbreite, wobei das Bandbreite-Verstärkungsprodukt konstant ist.

Diagramme zum Bandbreiten-Verstärkungsprodukt

Für den unbelasteten Leerlauffall gibt es eine Grenzfrequenz fg0, die bei 70,7% entsprechend −3 dB der Gleichstromverstärkung gemessen wird. Durch Beschaltung mit RC-Gliedern, manchmal sind sie im OPV integriert, wird der Frequenzgang so eingestellt, dass sich eine Verstärkungsabnahme von 6 dB/Oktave entsprechend 20 dB/Dekade einstellt. Diese Maßnahme unterdrückt ein freies Schwingen des Verstärkers.