Spannungsvervielfachung mit Diodenschaltungen
Mit speziellen Anordnungen von Dioden und Kondensatoren entstehen DC-Ausgangspannungen die größer als der Scheitelwert der AC-Eingangsspannung sind. Die Schaltungen arbeiten nach dem Prinzip des Einpuls- oder Zweipulsgleichrichtung mit Spannungsvervielfachung. Eine Einpulsschaltung lädt den Kondensator in jeder Sinusperiode nur einmal auf. Eine Zweipulsschaltung lädt in jeder Halbperiode die in Reihe geschalteten Kondensatoren auf.
Einpuls-Spannungsverdoppler D1 nach Villard-Greinacher
Wird in der Schaltung der M1U Gleichrichtung die Ausgangsspannung nicht parallel zum Kondensator, sondern parallel zur Diode genutzt, so ist das die eigentliche Villard-Schaltung. Messbar ist die AC-Eingangsspannung, die je nach Polung der Diode oberhalb oder unterhalb der Nulllage (Schaltungsmasse) liegt. Die Diode muss für den doppelten Scheitelwert der AC-Eingangsspannung dimensioniert sein.
Mit der positiven Halbwelle der AC-Eingangsspannung am oberen Trafoanschluss sperrt die Diode den Stromfluss und die Ausgangsspannung an der Diode folgt diesem Spannungsverlauf. Bei der folgenden negativen Halbwelle leitet die Diode. Die Ladungsträger (Strom) laden die linke Seite des Kondensators negativ auf, während sie auf der rechten Seite nach Masse abfließen. Am Ende der negativen Halbwelle hat sich der Kondensator rechts auf den Scheitelwert der Wechselspannung positiv aufgeladen. Da während der positiven Halbwelle der nachfolgenden Periode die Diode gesperrt bleibt, kann sich der Kondensator nicht entladen. Der Spannungsverlauf an der Diode folgt der Eingangsspannung und ist um den AC-Scheitelwert in Bezug zur Masse verschoben. Das gilt bei der unbelasteten Schaltung für alle weiteren Zeitabschnitte.
Ist diese Spannung an der Diode die Quelle einer folgenden Einweggleichrichtung, dann kann sich der Ladekondensator am unbelasteten Ausgang auf die doppelte Gleichspannung aufladen. Das Bild zeigt die erweiterte Villard-Schaltung mit den drei Oszillogrammen für die AC-Eingangsspannung, die verdoppelte Spannung an der Diode und die gleichgerichtete Ausgangsspannung. Die D1-Verdopplerschaltung wurde von Heinrich Greinacher aus der Villard-Schaltung entwickelt, und sollte als Villard-Greinacher-Schaltung bezeichnet werden, um beide Physiker zu ehren. Es ist zu erkennen, dass die Aufladung des Ausgangskondensators über mehrere Stufen erfolgt, bis die unbelastete Gleichspannung den doppelten AC-Scheitelwert erreicht hat.
Einpuls-Spannungsvervielfacher — Hochspannungskaskade
Die Villard-Schaltung kann erweitert werden. Die Spannung parallel zur letzten Diode ist immer die Quellenspannung für die folgende Einweggleichrichtung. Diese Schaltungsart wird Kaskade genannt, Kurzbezeichnung V1. Die Sperrspannung jeder Diode muss mindestens für den doppelten Spitzenspannungswert der AC-Eingangsspannung ausgelegt sein. Jede Einzelstufe entspricht einer D1-Schaltung.
Hochspannungskaskaden werden beispielsweise zur Erzeugung von Anodenspannungen für Kathodenstrahlröhren in alten Fernsehgeräten und Oszilloskopen sowie in Lasergeräten eingesetzt. Der Innenwiderstand einer Kaskade ist hoch und nimmt mit jeder weiteren Stufe zu. Bei Belastung nimmt der Ladezustand der am Ende der Kette liegenden Kondensatoren stärker ab. Sie werden von den davor liegenden Kondensatoren nachgeladen. Die Verwendung großer Kapazitätswerte wirkt dem entgegen. Der Diodenstrom erhöht sich mit der Stufenzahl n. Der Eingangsstrom errechnet sich zu: Ie = n·Ia.
Bis auf den Eingangskondensator muss jeder weitere Kondensator mindestens für die doppelte Spitzenspannung am Eingang geeignet sein. Ohne größeren Spannungsverlust kann die Kaskade nur kleine Lastströme abgeben. Das Bild zeigt eine Spannungskaskade aus drei D1-Elementen. Die unbelastete DC-Ausgangsspannung errechnet sich (idealisiert) aus der Anzahl n der Elemente multipliziert mit dem doppelten Scheitelwert der AC-Eingangsspannung: Ua = 2·Ue·n. Bei Berücksichtigung der Durchgangsspannungen der Dioden ist die Ausgangsspannung etwas geringer.
Die Eigenschaften der Schaltung wurden per Simulation gemessen. Die AC-Spitzenspannung betrug 100 V die Frequenz 50 Hz. Für zwei Messreihen wurden Kondensatoren mit je 10 μF und je 47 μF eingesetzt. Die Ausgangsspannungen der Kaskade wurden im Leerlauf und mit Widerstandsbelastung von R = 1 MΩ und 100 kΩ gemessen. Der zugehörige Laststrom wurde berechnet. Aus der Differenzspannung und dem Strom konnte der Innenwiderstand der Kaskade berechnet werden. Ist die Kapazität der Kondensatoren klein, so ist der Innenwiderstand der Kaskade hoch und die Leerlaufspannung bricht unter zunehmender Belastung stärker ein. Die Welligkeit der Ausgangsspannung nimmt dabei merklich zu.
47 μF | Leerlauf | R = 1 MΩ | R = 100 kΩ |
---|---|---|---|
Ua | 596 V | 590 V | 542 V |
Ia | 0 | 0,59 mA | 5,43 mA |
Ri | 10 kΩ | 10 kΩ | |
10 μF | Leerlauf | R = 1 MΩ | R = 100 kΩ |
Ua | 596 V | 570 V | 410 V |
Ia | 0 | 0,57 mA | 4,1 mA |
Ri | 45,6 kΩ | 45,4 kΩ |
Die Messwerte zeigen, dass eine Kaskade mit kleinen Kapazitätswerten einen höheren Innenwiderstand hat. Die Leerlaufspannung bricht dann mit zunehmender Belastung auch stärker ein. Die DC-Ausgangsspannung ist mit einer deutlich erkennbaren Welligkeit überlagert. Ihre Frequenz ist der Eingangsfrequenz gleich. Der Simulationsversuch ergab für den ungünstigsten Belastungsfall eine AC-Überlagerung mit einer Spitzenamplitude von 20 V. Für die DC-Ausgangsspannung ist das ein AC-Anteil von fast 5%.
Zweipuls-Spannungsverdoppler D2 — Delon-Schaltung
Die D2-Gleichrichtung wird zum Teil auch Greinacher-Schaltung genannt und ist eine symmetrische Spannungsverdopplung. Sie besteht aus zwei Einwegschaltungen mit je einem Ladekondensator. Die Kondensatoren sind in Reihe geschaltet. Während der positiven Halbwelle der Wechselspannung am Eingang wird bei unbelastetem Ausgang ein Kondensator auf den positiven Scheitelwert der Wechselspannung aufgeladen. Während der negativen Halbwelle wird der andere Kondensator auf den negativen AC-Scheitelwert aufgeladen.
Die DC-Ausgangsspannung wird parallel zur Reihenschaltung beider Kondensatoren abgenommen und erreicht abzüglich der Dioden-Durchgangsspannungen den doppelten Scheitelwert der AC-Eingangsspannung. Die Sperrspannung beider Dioden muss mindestens dem doppelten Scheitelwert der Wechselspannung entsprechen. Bei Belastung sinkt die Ausgangsspannung symmetrisch zur Nulllinie hin ab.
Das Bild zeigt die D2-Schaltung der Zweipuls-Spannungsverdopplung und den Verlauf der Ladeströme für beide Halbwellen. Das Oszillogramm gibt die Verhältnisse an den Messpunkten A und B jeweils gegen den Massepunkt der Quelle (Trafo-Masse) als Nullpunkt für zwei unterschiedliche Belastungen wieder. Die Ausgangsspannung der Delon-Schaltung hat keinen Bezug zur Eingangs-Masse. Die Schaltung kann nicht kaskadiert werden.